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Fluorchinolone

Nebenwirkungen

Eine Hilfeseite

Eine Hilfeseite - Verein VFCN 

Fluorchinolone

Nebenwirkungen

Fluorchinolon Nebenwirkungen 

Jedes Medikament bringt Risiken mit sich. Je schwerer die zu behandelnde Krankheit, desto stärker das Medikament – und desto häufiger mögliche Nebenwirkungen. Oft gilt es, Nutzen und Risiken abzuwägen. Bei schweren Infektionen werden vorübergehende Beschwerden wie Schwindel oder Schläfrigkeit meist akzeptiert.

Bei Fluorchinolon-Therapien besteht jedoch oft ein Missverhältnis zwischen Nutzen und Risiken. Es treten schwerwiegende, lang anhaltende oder sogar bleibende Beschwerden auf, häufig ohne klare medizinische Notwendigkeit [1].

Die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA bezeichnet das durch Fluorchinolone verursachte Krankheitsbild als "Fluoroquinolone Associated Disability" (FQAD). Auch das deutsche BfArM warnt – basierend auf einer Bewertung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) – vor schweren, lang anhaltenden Nebenwirkungen, insbesondere im Bereich der Muskulatur, Gelenke und des Nervensystems [2].

In der folgenden Übersicht liegt der Fokus auf schweren und lang anhaltenden Nebenwirkungen, nicht auf den üblichen, vorübergehenden Beschwerden.

Einleitung

Übersicht Nebenwirkungen

Übersicht Nebenwirkungen


Die folgende Übersicht zeigt mögliche Nebenwirkungen einer Fluorchinolon-Therapie. Obwohl viele dieser Beschwerden in den Beipackzetteln erwähnt werden, fehlt oft der Hinweis, dass sie systemisch und dauerhaft sein können. Betroffene leiden häufig unter mehreren dieser Beschwerden, die entweder lokal oder den gesamten Körper betreffen.

Einige Symptome treten nur in der akuten Phase auf, während andere dauerhaft spürbar bleiben. Viele Patientinnen und Patienten berichten von einem durch Fluorchinolone ausgelösten, schnell fortschreitenden Alterungsprozess mit drastischen Veränderungen im gesamten Körper.

Ein grosses Problem ist, dass akute Nebenwirkungen oft nicht erkannt und stattdessen als unabhängig vom Medikament fehlgedeutet werden. In solchen Fällen wird die Therapie fortgesetzt, was schwerwiegende Folgen für die Patienten haben kann.

Muskuloskelettale Beschwerden

Sehnenrisse, Sehnenentzündungen, Tendopathien, Muskelschmerzen, Muskelschwäche, Gelenkschmerzen, Gelenkknacken, Sehnenschnappen, Bursitis (Schleimbeutelentzündung), Sehnenscheidenentzündung, Sehnenverkürzungen, etc. (siehe Studien)

Störung der Kollagensynthese

Abbau und strukturelle Veränderung des Bindegewebes (Haut, Sehnen, Bänder, Knorpel, Gefässwände, Kapseln, Dentin, etc.), schnelle und extreme Hautalterung, Aneurysmen (Rote-Hand-Brief), Arterienrupturen, Abbrechen von Zähnen, Chondropathien, Arthrose, Wundheilungsstörungen, etc. 

Periphere Neuropathien

Missempfindungen, Nervenschmerzen, Hautbrennen, Taubheitsgefühle, Muskelschwächen, Muskelkrämpfe, Muskelzucken, Verdauungsprobleme, Impotenz, etc. 

Störungen des zentralen Nervensystems

Schlafstörungen, Schlaflosigkeit, Sprachstörungen, Wortfindungsstörungen, Zittern, Magen-Darm-Probleme, Kopfschmerzen, Schwindel, Nervosität

Psychyische und mentale Beschwerden

Panikattacken, Psychosen, Angstzustände, Depersonalisation, Depressionen, Schwindel, Nervosität, Albträume, Selbstmordgedanken, erhöhte Suizidanfälligkeit, Schlaflosigkeit, etc. (siehe FDA Warnung - Englisch)

Neurovaskuläre Erkrankungen 

Durchblutungsstörungen, Kältegefühl, Taubheitsgefühl, Muskelschwäche, vaskulär bedingte Sehnenschmerzen, Herzrhythmusstörung, chronische Muskelentzündungen

Organspezifische Probleme

Herzbeschwerden (Herzklappeninsuffizienzverlängertes QT-Intervall, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck), Leber (erhöhte Leberwerte, Hemmung der Cytochrome P450 und der Entgiftungsfähigkeit des Körpers), Nieren (Nierenversagen, Niereninsuffizienz)

Visuelle Probleme

Floaters (Mouches Volantes), Augentrockenheit (Sjörgren), Netzhautablösung, Lichtempfindlichkeit, Erblindung, Gesichtsfeldausfall

Unverträglichkeiten

Diverse Nahrungsmittelunverträglichkeiten, vielfache Chemikalienunverträglichkeit (MCS)

Molekulare Effekte 

Molekulare Effekte

Viele Ärztinnen und Ärzte gehen davon aus, dass dauerhafte FC-Nebenwirkungen unmöglich sind, weil Wirkstoff und Metabolite bereits wenige Stunden nach Absetzen ausgeschieden werden. Dadurch würden auch die Nebenwirkungen verschwinden. Diese Annahme hat jedoch zwei Denkfehler:

  1. Mögliche langfristige Ablagerung: Die Wissenschaft schliesst nicht aus, dass Fluorchinolone aufgrund ihrer stark chelatierenden Eigenschaften über Monate oder Jahre in den Zellen verbleiben können [3]. Das könnte erklären, warum Beschwerden bei vielen Betroffenen schubweise zurückkehren.
     

  2. Kein klassischer Allergie-Mechanismus:FC-Nebenwirkungen sind keine reine allergische Reaktion. Vielmehr werden verschiedene molekulare Prozesse in Gang gesetzt, die auch nach dem Absetzen fortbestehen. Dazu zählen epigenetische Veränderungen [4], die Hemmung von Enzymaktivitäten und Schäden an der mitochondrialen DNA [5].
     

Die wichtigsten molekularen und enzymatischen Effekte sind in der Grafik unten aufgeführt. Ausführlichere Informationen zum Einfluss von Fluorchinolonen auf die Epigenetik wichtiger Körperenzyme und auf die Kollagensynthese finden Sie hier:


Fluorchinolon-induzierte epigenetische Veränderungen und Störungen der Kollagensynthese.

Fluorchinolone Molekulare Effekte.png

Sehnenbeschwerden

Fluorchinolone können Sehnen und Bänder so stark angreifen wie kaum ein anderes Medikament. Entgegen den Warnhinweisen vieler Beipackzettel, die häufig nur die Achillessehne nennen, können sämtliche Sehnen im Körper betroffen sein – unabhängig von Alter und Geschlecht. Laut Flox-Report [6] sind vor allem die Fusssehnen betroffen, gefolgt von den Sehnen im Handgelenk und den Achillessehnen,

Formen der Sehnenbeschwerden
 

  • Chronische Schmerzen und strukturelle Veränderungen: Sehnenrisse sind eher selten. Häufig leiden Betroffene unter chronischen Schmerzen, Entzündungen und chemisch-strukturellen Veränderungen, die in MRTs oder anderen bildgebenden Verfahren oft nicht erkennbar sind.

  • Fehldiagnosen aufgrund unklarer Befunde: Medizinisch ist bekannt, dass rund 50 % aller chronischen Sehnenerkrankungen nicht-entzündlich sind (keine klassische Tendinitis), sondern durch Veränderungen in der Kollagenstruktur entstehen. Das Sehnengewebe verliert dabei an Elastizität und Stabilität.

Die folgenden in der Literatur besprochenen, durch FC-induzierten Mechanismen können auf die Sehnen und Bänder wirken: 

  • Erhöhte Matrix-Metalloproteasen (MMP)

    • MMP können Kollagen und Elastin abbauen, wodurch Sehnen und Bänder geschwächt werden [7].

  • Hemmung der Lysyl Oxidase (LOX)

    • LOX ist wichtig für die Stabilisierung der Extrazellulären Matrix. Eine Hemmung schwächt das Gewebe und erhöht das Risiko für Sehnenrupturen [8].

  • Gestörte Hydroxylierung von Prolin und Lysin

    • Diese Aminosäuren sind für die Vernetzung des Kollagens verantwortlich. Eine Beeinträchtigung durch Fluorchinolone kann zu dauerhaften Veränderungen der Sehnenstruktur führen [9].

  • Hemmung des Hypoxie-induzierbaren Faktors-1α (HIF-1α)

    • HIF-1α reguliert die Sauerstoffversorgung der Sehnen. Seine Hemmung kann zu starken Schmerzen führen, ohne dass Entzündungszeichen oder Strukturveränderungen sichtbar sind [10].

 

Wichtige Erkenntnisse aus Studien und Erfahrungsberichten

  • Sämtliche Sehnen und Bänder können betroffen sein, nicht nur die Achillessehne.

  • Alter und Geschlecht beeinflussen die Anfälligkeit nicht.

  • FC-induzierte Sehnenbeschwerden sind oft nicht-entzündlich und in bildgebenden Verfahren schwer nachweisbar.

  • Kortison kann die Beschwerden erheblich verschlimmern.

  • Symptome können auch Monate nach der Einnahme auftreten oder sich verschlimmern.

  • Da mehrere Mechanismen beteiligt sein können, sollte eine Therapie individuell angepasst werden.

Sehnenbeschwerden
Nervensystem

Erkrankungen des Nervensystems

Fluorchinolone (FC) können das Zentralnervensystem (ZNS) nachhaltig beeinflussen, was in zahlreichen Studien belegt ist. Häufige Symptome sind Schlafstörungen, Müdigkeit, Sprachstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel und Nervosität. Im Vergleich zu anderen Antibiotika treten diese Nebenwirkungen bei FC-Therapien relativ häufig auf (ca. 12 %).

Schwere ZNS-Reaktionen wie Halluzinationen, Angstzustände oder Depressionen sind mit etwa 1 % zwar seltener, können jedoch laut Erfahrungsberichten chronisch und irreversibel werden [12]. Ein Grund dafür ist, dass Fluorchinolone teilweise ähnlich wirken wie Chemotherapeutika und sich an Rezeptoren im Gehirn, im Rückenmark und im peripheren Nervensystem binden. Am GABA-Rezeptor wirken sie als Antagonisten und verhindern dadurch die Bindung von GABA, was zu einer verstärkten Reizung des ZNS führt.

Vor allem ältere Menschen sind für diese Nebenwirkungen anfälliger. Die gleichzeitige oder zeitlich versetzte Einnahme von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) oder Benzodiazepinen kann die ZNS-Nebenwirkungen erheblich verstärken [13].

Mitochondriale Schäden

Fluorchinolone können die Mitochondrien – die „Kraftwerke“ unserer Zellen – erheblich schädigen. Diese Organellen produzieren Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat), das für den Erhalt der Zellfunktionen entscheidend ist.

Bislang nahm man an, die Ursache für eine FC-bedingte Funktionsstörung (sekundäre Mitochondriopathie) liege ausschliesslich in der Freisetzung freier Radikale, die oxidativen Stress und damit Schäden an den Mitochondrien verursachen [14]. Neuere Erkenntnisse zeigen jedoch, dass Ciprofloxacin und andere Fluorchinolone auch direkt die mitochondriale DNA (mtDNA) angreifen können.

Wie kommt es zur Schädigung?

  • Hemmung der menschlichen Topoisomerase: Fluorchinolone wirken nicht nur gegen die bakterielle Topoisomerase, sondern auch auf das menschliche Pendant in den Mitochondrien. Die Topoisomerase II formt und repariert die mtDNA. Wird sie blockiert, kann das die Zellreproduktion der Mitochondrien stören [15].
     

  • Vermehrte Freisetzung freier Radikale: Bei mitochondrialer Dysfunktion entstehen mehr Sauerstoffradikale, die zu noch stärkerem oxidativem Stress führen. Dies beschleunigt die Zellalterung und kann Zellen dauerhaft schädigen.


Betroffene Gewebe


Vor allem Zellen mit hohem Energiebedarf (z. B. Nerven-, Muskel- und Nierenzellen) sind gefährdet. In Sehnen- und Knorpelgewebe sind die Auswirkungen zwar seltener, können aber dennoch relevant sein.

Mögliche Folgen


Typische Symptome einer FC-bedingten Mitochondrienstörung sind u. a. Sehstörungen, Muskelschwäche, Chronic Fatigue Syndrome (CFS), Tinnitus oder Lebererkrankungen.

Mitoschäden
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